Manchmal muss man einfach
an die eigene Sache glauben

Letztens fiel mir wieder das bekannte Buch "Marke, Marke, Marke" von Wally Olins in die Hände. Im siebten Kapitel berichtet Olins von der Entstehung des Baileys: "Baileys Original Irish Cream stammt weder aus Irland, noch von einem Mr. Baileys, sondern ist das Produkt eines feucht-fröhlichen Abends, {...}, den Tom Jago, Produktentwickler aus Cornwall, mit seinen Kollegen David Gluckmann und Hugh Semour Davies verbrachte. {...} Der Name des Getränks fiel dem Trio in einem Bistro unter Gluckmanns Büro ein; Marktforschungen folgten. Fokusgruppen äußerten sich zu Baileys einstimmig negativ." Tom Jago ignorierte einfach die Ergebnisse und legte los. Was folgte, dürfte bekannt sein, denn Baileys zählt zu den weltweit bekanntesten Spirituosen. Das zeigt, dass Umfragen allein wenig nützen, wenn es darum geht, etwas Neues auf den Markt zu bringen. Viele Marketingmenschen sind aber Jünger der Umfragen und ergötzen sich an den Bewertungen, wie Jörg Schönenborn vom WDR an den Analysen der Bundestagswahlergebnisse.

Einige geschickte Werber fälschten sogar Umfragen, um Kunden von den eigenen Ideen zu überzeugen. So berichtet die Werbelegende George Lois in seinem Buch "Verdammt gute Tipps" von einer von ihm durchgeführten Umfrage zu Aunt Jemima Sirup: "Ich machte einen Vorstoß mit einem Fragebogen über Aunt Jemima Pfannkuchenmischung, mitsamt einer Frage am Ende des Fragebogens, in der die Verbraucher darum gebeten wurden, die Sirupmarke zu nennen, die sie als letzte verwendet hatten – und ich nahm den nicht existierenden Aunt Jemima Sirup mit auf die Liste von zehn Marken. 89 von 100 Pfannkuchenessern behaupteten, dass sie in dem Jahr Aunt Jemima Sirup gekauft hätten!" Das beeindruckte den Kunden so sehr, dass er das Produkt auf dem Markt brachte – mit großem Erfolg. Lois gab dem Kapitel die Überschrift "Umfragen sind der Feind der Kreativität" und fügte hinzu "es sei denn, es handelt sich um deine eigene ...".

Ein aktuelles Beispiel für die Realisation einer verrückten Idee ist JANE Motorcycles. Zwei Typen eröffneten in NY Brooklyn einen Laden mit Motorrädern und Zubehör, eigener Kleidungsmarke sowie eigener Schuhmarke und mittendrin noch einer Kaffeebar. Man hielt die beiden Gründer Adam Kallen and Alexander DiMattio für vollkommen verrückt. Von diesem Angebots-Mix in einem Geschäft wurde seitens der Business-Profis dringend abgeraten. Die Berater wurden bald eines Besseren belehrt, denn das Konzept funktioniert bestens. Während rockige Motorradfans nach den neuesten Maschinen Ausschau halten, genießen komplett andere Zielgruppen ihren Kaffee in der einmaligen Atmosphäre von Öl, Chrom und Leder.

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