YouTube ist mehr als ein Friedhof für Imagefilme
Der Klassiker für den Einstieg in das Videomarketing von Unternehmen verläuft ungefähr so: Es werden Videoprofis engagiert, ein handwerklich erstklassiges Imagevideo wird für eine gute vierstellige Summe in Auftrag gegeben. Das Video wird auf dem neu erstellen YouTube-Kanal unter dem Titel „Imagevideo Firmenname xy“ hochgeladen. Meistens folgt dann, auf Seiten der Mitarbeitenden mehr oder weniger engagiert, das Teilen dieses Videos auf hauseigener Webseite, Social Media und in Autosignaturen. Was passiert anschließend? In der Regel nicht mehr viel! Da meist keine messbaren Erfolge durch das Video zu verbuchen sind, ist das Thema Videomarketing auch gleich wieder Geschichte.
„YouTube ist die zweitgrößte Suchmaschine der Welt“...
… ist ein vermeintlich überstrapaziertes Zitat, das spontan ein Gähnen provoziert. Das Zitat ist aber wichtig, will man mit Hilfe von YouTube einen neuen Werbe- oder Kommunikationskanal für das eigene Business erschließen. Während die Suchmaschinen-Optimierung – kurz SEO – für Webseiten heute etabliert ist, steckt die Disziplin YouTube-SEO weitgehend in den Kinderschuhen. YouTube-SEO bedeutet nichts anderes als dass man ein Video für die Suchmaschine und die Vorschlagsfunktionen von YouTube optimiert.
Regel Nummer eins für ein neues Video.
Erzähle nicht wer Du bist, sondern was Du machst
Bevor ein neues Video aufwendig produziert wird, sollte man sich vorher Gedanken machen, für welche Suchphrasen es gefunden werden soll. Hierfür sollte am Anfang durchaus der gesunde Menschenverstand zur Anwendung kommen. Die Ergebnisse eines Brainstormings werden anschließend mit Hilfe der Autosuggest-Funktion der Suchmaschinen von Google, YouTube oder gar Amazon validiert. Dieser Ansatz zwingt den Verantwortlichen in der Firma, sich damit auseinanderzusetzen, wie ein Kunde bei der Suche nach einem bestimmten Video vorgeht. Die identifizierte Suchkombination (kann auch eine ganze Phrase sein) muss anschließend an diversen Stellen auftauchen:
- Am besten in den ersten Sekunden im Video (YouTube versteht Sprache!)
- Im Videotitel (je weiter links um so besser)
- In der Videobeschreibung
- In den Videotags
- Einsortierung des Videos in eine thematisch passende Playlist
Was ist sonst noch zu beachten?
Die Hausaufgaben sind die notwendige Bedingung für ein gutes Ranking des Video auf YouTube (und mit etwas Glück sogar in der Google-Suche), aber leider noch keine Garantie. Für ein langfristiges gutes Ranking ist die Watchtime des Videos wichtig. Hier helfen eine gewisse handwerkliche Qualität der Produktion (Stativ statt Wackelbilder, Lavaliermikrophone statt eingebautem Mikro) und ein Storytelling, dass YouTube-Zuschauern entgegenkommt:
- Gleich am Anfang sagen, worum es geht (noch vor dem Intro)
- Danach Gründe/Nutzenargumente nennen, warum das Video in Gänze angeschaut werden sollte
- Am besten auf ein Intro verzichten
- Idealerweise noch vor der Verabschiedung dem Zuschauer weitere Videos auf dem Kanal empfehlen
Welcher Content sollte produziert werden?
YouTube selber empfiehlt seinen Content-Kreatoren zunächst mit der Erstellung von so genanntem Help Content zu starten. Hier geht es im Grunde um die oben beschriebene Bedienung der Suchanfragen. Wurde ein guter Fundus von Videos erstellt (hier kann man sich thematisch am Suchfunnel seiner Kunden entlanghangeln), kommt auf der Entwicklungsstufe Nummer zwei der Hub-Content ins Spiel. Dies ist Content, der darauf abzielt, eine Community aufzubauen. Hier geht es also eher um die Adressierung der Kanalabonnenten als von Suchanfragen. Wer es zu einer Meisterschaft im YouTube-Marketing bringen will, erstellt gelegentlich auch noch Hero-Content. Hier könnte es um die Vorstellung von neuen Produkten oder wichtigen Ankündigungen gehen.
Auch Help Content kann schon sehr erfolgreich sein!
Zum Start gilt aber die volle Konzentration auf den Help Content. Ein bekannter Online-Shop für Teppiche folgte dieser Empfehlung. Das aufgenommene Video, das ausführlichst die Vorzüge eines Berberteppichs erklärt, spart dem Telefonsupport hunderte Stunden Arbeit, weil auf dieses Video verwiesen werden kann, anstatt jedem Kunden die immer wieder gleichen Infos zu geben. Nach nicht einmal vier Wochen wurde über das Video ein großer Berberteppich zu einem vierstelligen Preis an einen dänischen Kunden verkauft, der zuvor nicht einmal den Online-Shop besucht hatte. Auf der Artikeldetailseite hilft das Video, den Informationsstand der Kunden zu verbessern und damit den Abverkauf zu steigern – bei gleichzeitiger Senkung der Retouren.
Oben: Film Berberteppiche Help-Content; unten: Einbettung auf Shop-Artikelseite
Quelle: YouTube sowie Screenshot Online-Shop
Der Erfolg des Videos hat dazu geführt, dass in der Folge dutzende Videos folgten. Das in einer Bürogemeinschaft benachbarte Onlinekaufhaus ließ sich von dem Erfolg anstecken. Fast ausnahmslos von Azubis gedrehte Videos erreichten siebenstellige Aufrufe mit interessanten Abverkäufen. Dadurch beflügelt entschloss man sich, ein eigenes Video-Studio zu bauen, welches nun fester Bestandteil im Produktmarketing ist.
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Klaus-Martin Meyer hat rund zehn Jahre Erfahrung im YouTube-SEO und ist seit fünf Jahren aktiv im Videomarketing. Für Kunden aus den Bereichen B2C und B2B generierte er bisher weit über fünf Millionen Aufrufe sowie eine nachweisbare Umsatzerhöhung.